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News > Essstörungen als Frauenkrankheit: Wann ist frau gesund?


Viele Krankheiten betreffen Frauen und Männer unterschiedlich: Dies sind natürlich alle Probleme, die mit den direkten geschlechtlichen Unterschieden zu tun haben (Brustkrebs, Prostatakrebs…). Besonders auffällig ist der Unterschied bei einer Form der psychosomatischen Erkrankungen, den Essstörungen: Hier sind Frauen mit 90 – 95% die Hauptleidenden. Essstörungen sind Mitte des letzten Jahrhunderts zuerst in den USA, dann in Europa aufgetreten und nehmen weiter zu.
Daraus lässt sich folgern, dass Essstörungen direkt etwas mit Frau-Sein zu tun haben. Nachdem sich der Verdauungstrakt von Männern und Frauen nicht so grundlegend unterscheidet, müssen es andere Faktoren sein, die Frauen soviel verwundbarer machen.

Frauen haben in den letzten 100 Jahren ungeheure Veränderungen erlebt: Sie haben– zumindest in Europa – eine Gleichstellung mit den Männern erreicht, viele neue Möglichkeiten stehen ihnen offen: Frauen haben die gleichen Bildungschancen, können (fast) alle Berufe ausüben, können entscheiden, ob, wann und wie viele Kinder sie in die Welt setzen möchten, können sich "selbst verwirklichen" und ihr Glück in die Hand nehmen!

Die Gesellschaft: Viele neue Möglichkeiten – viele neue Anforderungen
Diese neuen Möglichkeiten haben die alten Anforderungen nicht aus der Welt geschafft: Frauen wollen auch heute (meistens) Kinder bekommen, sie aufziehen und fördern und ihnen gute Mütter sein; sie wollen schön und begehrenswert sein (und das bis in ein Alter, in dem frau früher schon längst zum alten Eisen gehörte); sie sind im Haushalt nach wie vor die Hauptverantwortlichen und kümmern sich nicht nur um Kinder sondern auch um Eltern und Verwandte und FreundInnen; und sie wollen fit und leistungsfähig sein um all die neuen und alten Ideale erfüllen zu können.
Als Vorbilder – role-models – sehen sie tausende Male am Tag auf Plakaten, in allen Medien, Frauen, die (scheinbar mühelos) all das erreichen, was es an widersprüchlichen alten und neuen Anforderungen zu verwirklichen gilt: Dieses Ideal einer schönen, glücklichen, erfolgreichen Frau ist heutzutage immer schlank bis mager. Ungewiss ist, wie frau alles unter einen Hut bringen und erfüllen soll! Da es mit dem Glücklichsein im Beruf, in der Beziehung, mit den Kindern meist nicht so einfach geht – scheint eines zumindest klar zu sein: Wenn ich nur dünn genug bin, wenn ich abnehme, bin ich schöner, fitter und es wird es mir besser gehen !

Das Allheilmittel: Schlank sein
Die meisten Mädchen entsprechen in der Schulkindphase bis 10 Jahren den schlaksigen, androgynen Model-Maßen der Werbewelt. In der Pubertät, wenn sich der Körper deutlich und sichtbar in Richtung Frausein verändert, entfernen sich die Mädchen vom propagierten Ideal – und das löst oft Beunruhigung bis Panik aus! Die Mehrzahl möchte dünner sein, als sie sind und die Mehrzahl und immer Jüngere schon machen Diäten und Abmagerungskuren: Einmal aus dem Gleichgewicht geraten ist es dann schwierig, ein unbefangenes Verhältnis zum Essen als erwachsene Frau (neu) zu erreichen.

Das Schönheitsideal für Männer ist anders: zwar auch schlank aber viel muskulöser; das ist nicht durch Diäten, sondern durch Körper-Training zu erreichen. Burschen haben mehr Vorbilder an korpulenten, gewichtigeren mächtigen Männern in Wirtschaft und Politik, die es geschafft haben.
Diese Unterschiede – sowie die Mode, die Frauenkörper eher ent- als verhüllt und die Körper-Formen betont und nachzeichnet, machen Frauen anfällig für das, was in einer Überfluss- und Wohlstandsgesellschaft so schwer zu erreichen ist: Ganz Mager zu sein!

Die Familie: Begünstigende Faktoren
Die Botschaft für Töchter und Mütter lautet: Sei dünn! Die heutige Generation von Müttern, ist selbst schon mit der Idee: Schlank = schön = erfolgreich = glücklich groß geworden und vielfach auch mit ihrem Körper unzufrieden. Deshalb unterstützen Mütter oft – zumindest zu Beginn der Essstörung – die Bemühungen ihrer Töchter ums Abnehmen: Sie besorgen Diätprodukte, fettreduzierte Nahrungsmittel, aber sie kennen auch selbst alle Kalorienangaben und versuchen möglichst wenig von dem zu essen, was sie für andere kochen. Wenn im Umkreis der Töchter Körperlichkeit und "Dünnsein", auch übermäßige Betonung von gesunden Nahrungsmitteln, andere diätende Familienmitglieder und Freundinnen zu finden sind, kann dies die Entstehung von Essstörungen begünstigen.
Leider halten sich Väter aus dem Thema Essen und Nahrungsmittel heraus, fühlen sich für diese "Frauensachen" nicht zuständig oder nehmen sie nicht ernst. So vergeben sie ihre Chance eine für die Töchter wichtige regulierende, andere Sicht einzubringen.
Die Betonung von Disziplin und Leistung für den Gewinn von Anerkennung begünstigen Essstörungen ebenso, wie das Bemühen um kritikloser Zusammenhalt und Harmonie ohne Streit.

Warum Essstörungen? Persönlichkeit und Psyche der Betroffenen
Essstörungen beginnen meist in der Pubertät und den jungen Erwachsenenjahren. In dieser spannungsreichen Lebensphase geht es darum, sich abzunabeln und eine eigene Persönlichkeit (mit einem erwachsenen Frauen-Körper) zu werden. Durch die vielen (herannahenden oder stattfindenden) Veränderungen sind Mädchen und junge Frauen verunsichert und psychisch instabil, haben dabei hohe Ansprüche an sich. Perfekt und Schön zu sein ist wichtiges Kriterium der Selbstachtung, Abzumagern wird zur Leistung, die es möglich macht, auf etwas stolz zu sein. So beginnt der Teufelskreis von Diäten und Zunehmen, von Essen und Brechen oder Hungern und Verweigern. Die Betroffenen machen die Waage zur Messlatte ihres Glücks und ihrer Leistung. Sie glauben, dass sie sich durch ihre Willenskraft und –anstrengung beliebig formen könnten und kämpfen einen zermürbenden Kampf gegen den eigenen Körper, die biologischen Gesetze.
Bei Essstörungen verlieren Frauen das Gefühl für Hunger und Sattsein. Sie können nicht mehr zwischen körperlichem Hunger und seelischen Bedürfnissen unterscheiden. Die Beschäftigung mit Essen, Nicht-Essen oder Nur-Bestimmtes-Essen wird zum Hauptlebenszweck, kostet ungeheuer viel Energie und kann alle anderen Aktivitäten überdecken – und führt sie noch tiefer in das Gefühl des Ungenügend-Seins. Niedriges Selbstwertgefühl und Essstörungen hängen zusammen!

Symptom als Lösungsversuch: Widerstand und Anpassung
Frauen mit Essstörungen versuchen innere, seelische Probleme und Widersprüche auf der körperlichen Ebene zu lösen: Es geht nur vordergründig allein darum, eine gute Figur zu haben. Die Essstörung kann auch als Warn- und Gefahrensignal gesehen werden, dass anzeigt, dass mit dem Leben der Frau etwas nicht stimmt:
Essstörungen können Ausdruck von Rebellion und Abgrenzung sein – was sich bei Magersüchtigen etwa in den Machtkämpfen mit den Angehörigen spiegelt. Essstörungen sind auch der fehlgeschlagene Versuch an Anpassung an krankmachende Verhältnisse: Bulimikerinnen können so ihre geheime Unzufriedenheit und Wut herauskotzen – oder Esssüchtige sich mit Essen die sonst nicht vorhandene Belohnung holen. So quälend die Beschäftigung mit dem Essen auch ist – sie überdeckt die noch größeren, "gefährlicheren" Themen und Probleme, denen sich die Frauen sonst stellen müssten: ihre Zukunft, das Abnabeln von Ihrer Familie, ihr Verharren in schädigenden Beziehungen, die mangelnde Aufmerksamkeit und Anerkennung in ihrer Arbeit. Essstörungen gründen im Versuch, mit den Körpermaßen auf diese Weise das eigene Leben zu kontrollieren.

Ein Weg heraus: Psychotherapie
Manchmal sind Essstörungen nur vorübergehende Zeichen einer Krise und geben sich nach kurzer Zeit von selbst. Wenn sie länger als einige Monate anhalten, besteht jedoch Handlungsbedarf und Hilfe von außen ist nötig. In klinischen Studien wurde nachgewiesen, dass Essstörungen langfristig am besten mittels psychotherapeutischer Behandlung geheilt werden können. Wichtig ist jedoch, dass die Betroffenen selbst diese Hilfe annehmen wollen, und genügend motiviert sind. Nur der Familie zuliebe in Therapie zu gehen ist meist nicht zielführend. Empfehlenswert wäre eine Therapie bei einer weiblichen Therapeutin mit einer Schulung in genderspezifischem Fokus (frauenspezifische Psychotherapie). Das wichtigste ist jedoch, dass sich die Frau bei ihrer Therapeutin verstanden und wohl fühlt. Psychotherapie soll nicht (nur) auf das Symptom fokussieren, im tiefenpsychologischen frauenspezifischen Anti-Diät Ansatz sollen die Patientinnen verstehen lernen, aus welcher Not heraus sie zu dem Mittel des Fastens, Erbrechens oder Überessens gegriffen haben und welche Gefühle und Einstellungen hinter dem Ess-Symptom verborgen liegen.

Essstörung als Chance!
Frauen mit Essproblemen sind auf ihrem Weg der Suche nach ihrer zu ihnen passenden Lebensweise mit all den damit verbundenen Schwierigkeiten zu verstehen
Alle Frauen sollten ihr Verhältnis zum Essen und ihrem eigenen Körper gegenüber überprüfen: Wir dürfen uns klar machen, dass unser Glück nicht von den Kilos auf der Waage oder unserer Kleidergröße abhängt! Besser ist es, unsere Energie darauf verwenden, zu verändern, was uns in unserem Leben stört und einengt, kränkt und lähmt.
Die eigene Einstellung spiegelt sich dann auch im Umgang mit unseren Müttern, Freundinnen, Töchtern und Nichten. Dieses weibliche Umfeld hat den größten Einfluss auf Mädchen und Frauen, und ihre Bereitschaft, sich ok und schön zu fühlen: Positives Feedback ist also gefragt!


Anti Diät Ansatz (nach Susie Orbach)

0 Ich höre mit dem Diäthalten auf: Ich erkenne, dass Diäten wirkungslos zur dauerhaften Gewichtsreduktion sind und zwanghaftes Verhalten verstärken

0 Ich höre auf, mich täglich zu wiegen, deponiere meine Waage bei jemandem

0 Ich kaufe keine zu kleinen, engen Kleidungsstücke; Ich habe nur solche Kleidungsstücke im Kasten, die mir im Moment angenehm passen

0 Ich identifiziere meinen Hunger: Warum habe ich Hunger, worauf habe ich Hunger? Ich achte auf diese Hungergefühle und befriedige sie.

0 Es gibt keine verbotenen, bösen, gefährlichen Lebensmittel mehr. Ich kaufe keine kalorienreduzierten Diät und Light-Produkte.

0 Ich esse (auch) mit anderen, in der Öffentlichkeit

0 Ich achte darauf, dass Lebensmittel, die ich mag, immer und ausreichend vorhanden sind.

0 Ich gewöhne mich an neue Mengen, die zu meinem jeweiligen Hunger passen und an Nahrungsmittel, die zu meinem Gusto passen

0 Ich unterbreche meine Essanfälle (Es ist nie zu spät, aufzuhören!) – denn alleine mit dem Diätende hören diese nicht von selber auf

0 Ich bin zufrieden mit kleinen Schritten, aus Rückfällen und Essdurchbrüchen lerne ich


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